Ziemlich beste Familie
Michaela, Henri und Darlene G.
„Wir sind eine Familie; sind füreinander da; Umarmen uns jeden Tag; Lachen gerne und viel; Halten zusammen; Teilen unsere Sorgen; Sagen Bitte & Danke; Vergeben & Vergessen; Probieren Neues aus; Zeigen Respekt; Hören immer zu; Machen aus allem das Beste“.
Das Familienmantra hängt als übereinander gereihte Holz- (oder Emailletafeln?) im Wohnzimmer. Das scheinbare Selbstverständliche und herausfordernde Tugenden sind als familiäre Alltagsleitlinien festgezurrt. „Wer sich darüber erhaben fühlt, ist selbst ein Schwein“, denkt sich die zwölfjährige Schildkröte, die auf den Ruf „Mister Rudi“ hört und behäbig um´s Stuhlbein schlurft.
Es gibt noch jede Menge anderer Tiere bei Mutter Michaela G., Vater Henri G. und Tochter Darlene in der Südvorstadt. Eine Fangheuschrecke aus Glas (sein Lieblingstier), eine Riesenpferdeherde aus dem Schleich-Gestüt (Darlene) sowie diverse Deko-Elefanten und Schmetterlinge (ihr Metier). Und da sind wir beim Wohnungsmanko: Schon bei kleinen Montagearbeiten verschwinden Dübel im Nirgendwo – Phänomen ausgewählter Altbauwände. Aber sonst ist es gut: der Hof, der Balkon, die Nachbarschaft. Zumal man sich ja kennt.
Die Familie ist ein Wiederholungstäter, das heißt, sie wohnen in exakt derselben Wohnung wie schon mal ein paar Jahre zuvor. Als sich damals Darlene als zweites Kind ankündigte wäre die Wohnung zu klein geworden. Nachdem die erste Tochter nun flügge geworden und ausgezogen ist, war die Zwischenwohnung zu groß. Durch Zufall entdeckte Michaela G., die beruflich als Erzieherin tätig ist, die ehemalige Wohnung im Internet und schickte noch in derselben Nacht per E-Mail das Bewerbungsschreiben.
Darlene freut sich insbesondere über ihr großes Zimmer mit ausreichend Platz für Keyboard und Pferdekoppeln. Ansonsten ist die aufgeweckte und vielseitige Zweitklässlerin gern auf dem Rücken richtiger Pferde unterwegs, betreibt Artistik, Geräteturnen und schlägt mit Flosse beim „Meerjungfrauenschwimmen“ Schaum. Fahrschullehrer Henry G. - leider beim Termin nicht dabei - sieht es vermutlich gelassen wie Noah in der Arche. Hauptsache es bleibt genügend freie Zeit für das gemeinsame Kochen und das Familienkuscheln auf der Couch.
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