Der Herr der Ringe und die Chefin der Kannen
Christina und Werner M.
„Vitolphelie.“ Noch nie gehört? Mit diesem Begriff wird das Sammeln von Zigarrenbanderolen beschrieben. Doch Vorsicht, man sollte dieses Hobby nicht als schrullige Beschäftigungstherapie endlos gelangweilter Ex-Zigarrenraucher abtun. Bei genauerem Hinsehen entpuppen sich die papiernen Lithografien als interessante Sammelobjekte mit Geschichte und unterschiedlichsten Serienthemen. Spätestens, wenn man Werner M. kennenlernt und er über seine Sammlung von 185.000 Zigarrenbauchbinden erzählt, macht sich Respekt und Neugier breit.
Der ehemalige GISAG-Meister im Werkzeugbau hat weitere zeitintensive Beschäftigungen. Der von ihm erkundete Familienstammbaum reicht bis ins 15. Jahrhundert (!) zurück. Doch damit nicht genug. Er wollte wissen, wie seine Vorfahren gelebt, wie es ihnen in Zeiten von Kriegen, Katastrophen, in friedliche Zeiten und in den Phasen des Wohlstand ergangen ist. Seit 30 Jahren befasst er sich mit der Recherche zur Familien-Zeitchronik. Zig Aktenordner mit sorgsam zusammengestellten Texten, Grafiken und Kartenauszügen hat er gefüllt. Warum das alles? Es interessiert ihn. Und er weiß, wenn Menschen keine Aufgaben haben oder sich stellen, neigen sie zum Unleidlich-sein gegenüber sich selbst und anderen.
Seine Lebensmaxime scheint gut aufgegangen zu sein. Mit seiner Frau Christa ist er seit 54 Jahren verheiratet, übrigens nach einer Kennenlernzeit von nur sechs Wochen (!). Sie waren und sind viel unterwegs, heute werden allerdings Ziele mit kürzerer Flugzeit favorisiert. Sie mögen ihr Grünau, im Winter die täglichen zwei Runden um den Sportplatz, ihren Garten in Knauthain und das gute, selbst gekochte Essen – Fleisch und Eintöpfe. Die Kannen? Sahnegießer, aus unterschiedlichen Epochen, Materialien, eine kleine Geschichte des Milchkännchen-Designs. Über 750 Stück hat Christa M. zusammengetragen. Sammeln verbindet?!
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